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Dieser Frage ging Domkapitular Dr. Helmut Gabel, Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Bildung der katholischen Akademie Domschule Würzburg, auf Einladung der KKV Constantia Kitzingen nach. In seinem übersichtlich strukturierten Vortrag zeichnete er einen Bogen von der Kirche des 19./20. Jahrhunderts über die Reformen des Konzils bis in die heutige Kirchensituation.

Jahrhundertelang verstand sich Kirche als Schutz- und Trutzburg, in deren Innerem die Gläubigen geschützt waren vor Irrlehren und ketzerischen Strömungen. Man grenzte sich ab.

Zeitgeschichtliche Entwicklungen wie Reformation und Aufklärung fügten dem Bollwerk Kirche erste Risse zu. Die Betonung des Subjekts und der Vernunft, neue Erkenntnisse der Natur-und Geschichtswissenschaften ließen Zweifel aufkommen an der eng begrenzten Kirchen-Lehre.

Mit dem Aufruf zum vatikanischen Konzil leitete Papst Johannes XXIII. eine Wende ein: Kirche öffnete die Fenster nach außen. Das Stichwort „aggiornamento“ meinte eine Übersetzung der frohen Botschaft in die heutige Zeit, ein Orientieren an den Bedürfnissen heutiger Menschen. In einer Welt der rationell Denkenden, Freien und Gleichen kann Glaubensweitergabe nicht mehr nur durch Katechismuslehre von oben nach unten funktionieren, sondern vielmehr durch Dialog und Kommunikation. Dabei geht es um Freundschaft, Liebe, um etwas Wechselseitiges. Gott nimmt den Dialog auf mit den Menschen. Das hat Folgen für das Verhältnis von Amtsträgern und Laien, von Kirche und Welt. Kirche sieht sich als Volk Gottes gemeinsam auf dem Weg, alle Getauften sind dazu berufen, am Aufbau von Gottes Reich mitzuwirken.

Unter dieser Prämisse beschäftigten sich die Konzilsväter mit den Themen Offenbarung, Kirche, Liturgie, Ökumene, Laienapostolat, Mission, mit Fragen der Bischöfe, Priester und Ordensleute, mit der Beziehung zur Ostkirche und zu nichtchristlichen Religionen, mit Erziehung, sozialen Kommunikationsmitteln und Religionsfreiheit.

Neuerungen bleiben nicht ohne Kritik: Traditionalisten werfen der Kirche einen Bruch ihrer Traditionen vor, insbesondere in den Bereichen Ökumene, interreligiöser Dialog, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dr. Gabel führte dazu aus, dass sich häufig Missverständnisse und Fehlinterpretationen hinter solchen Vorwürfen verbergen: Was als Bruch angesehen werde, sei vielmehr das Wiederentdecken von Vergessenem, die „unkritische Anpassung an den Zeitgeist“ stelle eine differenzierte Sicht der Moderne dar. Zu Widersprüchen gebe das Konzil selbst Lese- und Deutungshinweise.

Abschließend zog der Referent Bilanz: Er stellte die Früchte des Konzils den aufgegebenen, steckengebliebenen Reformen gegenüber. Als gelungen nannte er die Liturgiereform mit Einführung der Volkssprache unter Hinwendung des Priesters zu den Gläubigen, die Einsetzung von Gremien und Räten zur Mitarbeit von Laien, den interreligiösen Dialog, die Orientierung an der Bibel, die Stärkung eines Berufungsbewusstseins und den steten Blick auf die Zeichen der Zeit.

Handlungsbedarf bestehe immer noch in den Bereichen Dialog und Transparenz in der Kirche, bei der Kollegialität der Bischöfe und Stärkung der Ortskirchen, bei der Beteiligung von Laien und der spirituellen Erneuerung. Vielfach herrsche noch Versorgungsmentalität. Auch bei der Ökumene sei Manches ins Stocken geraten.

Letztlich – so der Referent – seien die Forderungen des Konzils bleibende Herausforderung, die Texte seien als Software – Programm zu verstehen. Kirche müsse den Menschen dienen und könne sich nur gewinnen, indem sie sich hingibt.

Mit dem Vortrag von Domkapitular Gabel wurde die Ausstellung „50 Jahre vatikanisches Konzil – Hoffnung für Kirche und Welt heute“ eröffnet. Auf 15 Roll-Ups sind in den Kirchen der Pfarreiengemeinschaft St. Hedwig im Kitzinger Land verschiedenste Aspekte des Konzils dargestellt. Jede Gemeinde hat zusätzlich eine Stellwand bestückt, auf der Auswirkungen für Seelsorge und Leben vor Ort gezeigt werden.

In der Kitzinger Pfarrkirche St. Johannes sind zudem Fotos des Fotografen Lothar Wolleh mit Eindrücken vom Konzil zu sehen.   

 

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